Sagen und Geschichten
Es ist eine gute Tradition in der "dunklen Jahreszeit" der Familie und besonders den Kindern Geschichten und Sagen aus alten Zeiten zu erzählen. In Zusammenarbeit mit der Regionalgruppe Oberbarnim-Oderland "Die Wanderfalken" e.V. der NaturFreunde Deutschlands möchte ich Ihnen eine kleine Auswahl präsentieren.Legende von den ersten Weihnachtsplätzchen
Die Hirten waren gerade dabei, ihre Brote zu backen, da sahen sie den Weihnachtsstern am winterlichen Himmel leuchten. Sie machten sich mit ihren Herden sofort auf den Weg nach Bethlehem, wohin sie der Stern führte. Bei aller Aufregung und Freude über den Stern und das Kind im Stall hatten die Hirten ihre Brote im Backofen vergessen. Als sie nach Hause zurückkehrten, strömte ihnen ein wunderbarer Duft entgegen. Sie konnten nicht glauben, was geschehen war. Ihre Brote, die nach der langen Zeit im Backofen eigentlich hätten verbrannt sein müssen, waren zwar sehr dunkel geworden, schmeckten aber himmlisch süß. Allen Freunden und Bekannten gaben sie eine Kostprobe dieses besonderen Brotes und brachen es in viele kleine Stückchen, damit jeder davon kosten konnte. Als Erinnerung an dieses Wunder begann man zur Heiligen Nacht kleine würzige Himmelskuchen zu backen, aus denen die Weihnachtsplätzchen geworden sind.
Die Schlangen und die Bürgerglocke von Bernau
Seit alten Zeiten spielen Tiere in Erzählungen und überlieferten Sagen eine
große Rolle. Viel Wundersames über allerlei Getier erzählt man sich auch
in unserer unmittelbaren Umgebung. So zum Beispiel diese Geschichte:
In der näheren Umgebung von Bernau gab es viele Nattern und Schlangen,
die immer mehr zu einer großen Plage wurden. Deshalb wurde Beschlossen,
alle Einwohner zu einer großen Versammlung zusammenzurufen rund über
die Bekämpfung der Natternplage zu beraten.
Nun hatte sich aber in der letzten Zeit die Stadt sehr vergrößert, immer
mehr Einwohner waren hinzugekommen. Es war also eine Glocke, zum
Zusammenrufen der Bürger notwendig, die Bernau jedoch nicht besaß. Eine
Glocke mußte also gegossen werden. Viele Bürger dieser Stadt gaben Gold,
Silber, Schmuck und was sie sonst noch besaßen, so daß die Glocke das
Ergebnis vieler Spenden von Bernauer Bürgern wurde und der Guß beginnen
konnte. Als die Gußmasse kochte, kam noch eine alte Frau und trat
an den Tiegel. Sie sagte:"Ich habe zwar nichts an Geldeswert, was ich
schenken kann, möchte jedoch etwas geben, was nicht verachtet werden
sollte!" Mit diesen Warten holte sie aus ihrer Tasche eine lebendige Schlange
und eine Natter und warf beide in den brodelnden Guß. "Schlangen und
Nattern werden verschwinden, soweit der Klang der Glocke reicht. Ohne
Schlangen und Nattern wird die Gegend sein."
Die Glocke wurde im Kirchturm aufgehängt. Und siehe da: Nach dem ersten
Läuten verschwanden wahrhaftig die Schlangen und Nattern aus der Gegend,
soweit der Klang der Bürgerglocke hörbar war.
Die sprechenden Ochsen in der Heiligen Nacht
In einer Ortschaft in der Umgebung von Falkenberg legte sich einst ein Bauer in der Heiligen Nacht unter den Futterbarren, um zu horchen, wie die Tiere sprechen. Denn während der Nacht des 24.12. ist ihnen diese Gabe verliehen. Da hörte er einen seiner Ochsen zum Nachbarn als reden: „Du, wir bekommen dieses Jahr eine schwere Fuhr. Wir müssen unseren Herrn ins Grab fahren.“ Den Bauer überlief es siedend heiß, als er dies hörte. Am liebsten wäre er gleich auf und davon, doch hielt er es für klüger, in seinem Verstecke zu warten, bis die Nacht vorüber war.
Im Morgengrauen schlich er sich, so leise als er gekommen war aus dem Stalle. Was jetzt tun? Sterben wollte er um keinen Preis. Er sann deshalb nach, wie er das Wort seines Ochsen unwahr machen könnte. Erst wollte er den Ochsen schlachten, das ließ aber sein Geiz nicht zu, denn die Fleischpreise waren damals gar niedrig. So kam er denn auf den Einfall, seine beiden Ochsen gegen ein Paar andere einzutauschen. Seine Nachbarn wunderten sich über sein Vorhaben, denn die beiden Tiere waren die schönsten im ganzen Ort. Aber der Bauer bestand darauf, ging nach Eberswalde und vertauschte dort auf dem Markte seine beiden Ochsen.
Unterdessen war der Sommer wieder ins Land gezogen. Sein Nachbar hatte sich auf den Viehmarkt nach Eberswalde begeben, um dort ein paar Ochsen zu erstehen. Ohne dass er wusste, dass es die Ochsen seines Nachbarn waren, die dieser im Winter verkauft hatte, erstand er dieselben und stellte sie in seinen Stall. Bald hernach erkrankte der geizig Bauer an einer Lungenentzündung und starb. Weil es in damaliger Zeit Sitte war, dass der Nachbar die Leiche mit seinem Gespann zum Friedhof führte, so erwies auch er dem Verstorbenen diesen Liebesdienst und zwar mit eben den beiden Tieren, die in der Heiligen Nacht den Tod ihres damaligen Herrn vorausgesagt hatten. So behielt also der Ochse doch recht: Es wurde eine schwere Fuhr.
Wie die Rehe zu ihrem weißen Po kamen
Müllerbursche Hans hatte seine Mühle auf den Höhen des Barnim von seinem Vater geerbt.
Der kleine Hügel, auf dem die Mühle stand, überragte die umliegenden Baumwipfel, so dass er immer mit ausreichend Wind gesegnet war.
Hans war ein Mann der Tat. Gefiehl ihm etwas nicht, so zeigte er dies unmissverständlich.
So erschien einmal ein Büttel vom Amt, welcher die Steurerhöhung bekannt geben wollte.
Hans ließ darauf Mehlsäcke von der Mühle regnen. Man traute sich seit dem nicht mehr mit schlechten Nachrichten zur Mühle. Auch hatte unser Müller einen sehr leichten Schlaf. Wehe dem, der diesen störte. Hans hatte eine wenig zarte Stimme. In Wut glich sie einem Donnergrollen.
Neu Hinzugezogene dachten deshalb oft an ein Unwetter, wenn Hans Nachts seine himmliche Ruhe störende Menschen aber auch Tiere in seiner klaren Art zurechtwies.
Nun hatte unser Hans auch einen kleinen Gemüsegarten, in welchem er zartes Gemüse zog.
Der Garten war sein Heiligtum und wurde ebenso überwacht, wie sein leichter Schlaf.
Es begab sich in einer hellen Vollmondnacht, das einige Rehe den Garten entdeckten und das leckere Gemüse kosten wollten.
Doch Hans war auf der Hut. Hatte er doch einen Bindfaden um seinen Garten gespannt, an dessen Ende eine Glocke über seinem Bette hing. In besagter Nacht hatte unser Hans lange gemahlen, denn am nächsten Tage sollte die Fuhre abgeholt werden. Er war so müde, das er, ohne sich auszuziehen, mit seinen bemehlten Sachen und Handschuhen auf sein Bette fiehl und schnarchte.
Kaum stiessen jedoch die neugierigen Rehe gegen den Faden, so bimmelte das Glöckchen hell und klar über Hans und der war sofort zur Stelle.
Mit seinen bemehlten Handschuh haute er die verdutzten Rehe auf Ihr Hinterteil, das es nur so staubte. Die Rehe mieden nun ebenfalls den Hügel von Hans, dem Müller.
Bis zum heutigen Tage jedoch kann man den Mehlabdruck von Hansens Handschuh auf Ihrem Hinterteil sehen.
Die wilde Jagd
Zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag, in den geheimnisvollen zwölf Rauhnächten, braust die wilde Jagd alljährlich über die schneeverhüllten Berge, Wälder und Ortschaften des Oberbarnim.
Aus den Bergen kommen die unholden Geister auf Rossen und Böcken unter Geheul und Sturmessausen geritten. Am Semmelberg macht die tolle Schar Halt. Da werden die verwünschten Sennerinnen aus ihren eisgrünen Kammern geholt und es geht zum schaurigen Tanz auf den Schloßberg und den Pimpinellenberg. Dann aber werfen sich der Anführer Hagen und die Windsbraut mit dem brandroten Haar und all die unseligen Jagdgesellen auf ihre Reittiere und lärmen auf ihren nächtliche Zügen über die Arendskehle, die Ruine und Burg Malchow zum Baasee, um am Teller im anbrechenden Morgen die Jagd zu beschließen.
In alten Tagen hatte besonders Falkenberg zur Zeit der Rauhnächte vieles zu leiden. Deshalb wurden Kapellen erbaut, um den höllischen Geistern den Weg zu versperren. Seitdem hat Falkenberg Ruhe von der gefürchteten Schar und hört sie nur ab und zu von ferne vorbeistürmen.
Am besten ist es wohl, in diesen Tagen zu Hause zu bleiben. Denn kommt ein Mensch dem wilden Jagd in die Quere, der muß unbedingt mit!
So erging es auch einmal einem Spielmann aus Freienwalde, der zu Silvester einer fröhlichen Runde zum Tanz gegeigt hatte. Als er in später Nachtstunde heimzu eilte, kam der heidnische Schwärm daher und schleppte den Armen durch die eiskalten Lüfte mit sich fort bis zum Teller, setzte ihn am tiefverschneiten Berg hin und stob mit gräßlichem Gelächter nach allen Windrichtungen auseinander. Als der Geiger am Neujahrstag unter Mühe und Gefahr endlich den Weg bezwungen und Freienwalde erreicht hatte, war sein Haar schneeweiß geworden. Er mochte nichts Näheres über sein nächtliches Erlebnis aussagen; sicher ist nur, daß man ihn sein ganzes Leben nie mehr lachen sah!
Ähnliches widerfuhr vorzeiten aber auch gar manchen, die jahrüber das Schelten und Fluchen nicht lassen konnten. In den Rauhnächten wurde ihnen von der wilden Jagd der verdiente Lohn zuteil!
Das Anbrechen eines neuen Morgens scheut die gespenstische Schar; deshalb horcht die Windsbraut ängstlich auf den ersten Hahnenschrei, der im Tal unten laut wird, und ruft dem Anführer warnend zu, daß ein weißer Hahn krähe. Der aber entgegnet: "Weißer Hahn? Geht mich nichts an!" und stürmt weiter durch die weichende Nacht. Und meldet sie einen roten Hahn, so wird ihr die Antwort: "Roter Hahn? Toter Hahn!" gegeben. Kündet sie jedoch entsetzt, daß sie das Krähen eines schwarzen Hahnes vernimmt, dann schreit der wilde Jäger furchtbar auf: "Schwarzer Hahn? Jetzt muß ich dran!"
Und kopfüber stürzt er sich samt seinem heulenden Gefolge in den dunklen Baasee.
Golden steigt die Sonne am Neujahrstag empor - und der Geisterspuk ist beendet!
Der Wind und der Teufel
Bekannterweise ist ja der Teufel bereits viele tausend Jahre alt und mit dem Alter setzen so manche Zipperlein ein.
So litt der Teufel, der sich so gerne am Teufelssee bei Freienwalde aufhielt, so arg an Rheuma, das er viel Wärme benötigte und Zugluft möglichst mied.
Doch auch der Wind hielt sich doch so gerne am lauschigen Teufelssee auf und blies um die Ecken des Sees.
Der Teufel fand das gar nicht lustig und beschwor einen Zauber herauf, so das der Wind nur noch stumm und ohne zu blasen am Teufelssee weilen darf.
Noch heute kann man Ihn an sonnigen Tagen am Teufelssee lautlos pusten sehen.
Die Teufelsmühle
Hier, ganz in der Nähe von Biesenthal, lagen vor alters nicht weit voneinander in einem großen, finsteren Laubwald zwei Wassermühlen. Die eine davon hieß die Teufelsmühle, weil der Leibhaftige Teufel darin wohnte. Dieser hatte mit dem Besitzer der andern Mühle einen Pakt abgeschlossen, wonach der Müller dem Teufel an jedem ersten Ta im Monat eine Seele abliefern mußte. Der Müller erfüllte seinen Vertrag pünktlich. Bald aber war er in den allerärgsten Verruf geraten, denn alle seine Gesellen waren regelmäßig nach kurzer Zeit immer wieder spurlos verschwunden. Eines Tages kam ein Müllerbursch aus dem Schwabenlande zu ihm gewandert. Er hatte keinen Heller mehr im Beutel und war ganz abgerissen, deshalb suchte er um jeden Preis Arbeit. Der Müller nahm ihn auch sofort auf und gab ihm bekannt, daß er am Ersten jedes Monats eine Fuhre Sägespäne zu fahren habe. Der Geselle erklärte sich bereit, diese Arbeit zu übernehmen, und fuhr am andern Tag, der gerade der Monatserste war, mit seiner Ladung zur Teufelsmühle hinab. Als er dort angekommen war, trat ein Herr in weitem Mantel vor das Haus und befahl ihm, die Sägespäne in eine tiefe Grube zu werfen, die im Hof ausgehoben war. In diese Grube hatte der Teufel früher stets unversehens die Gesellen hineingestürzt, wenn sie sich zum Abladen arglos dem Rand der Grube genähert hatten.
Der Müllergeselle, der schon vieles von der Mühle und ihrem Bewohner gehört hatte, weigerte sich, die Fuhre abzuladen, weil er dazu nicht gedungen sei. Wohl oder übel mußte sich jetzt der Teufel selbst an die Arbeit machen. Kaum bückte er sich jedoch über das tiefe Loch, um einen Armvoll Sägespäne hinunterzuwerfen, als der schlaue Schwabe ihn fix beim Schopf faßte und kopfüber hinabwarf. Gleich darauf stieg aus der Grube ein greulicher Schwefeldampf empor, und mit donnerndem Geprassel brachen die Mühle und alle Gebäude des Gehöfts zusammen; von dem Teufelssitz blieb nichts übrig. Eine Rauchsäule erhob sich über den Trümmern und senkte sich dann in die Grube, in die der Teufel gestürzt war. Der mutige Müllergeselle zog leichten Herzens mit seinem Gespann von dannen, der Teufel aber war von da an um seine Beute geprellt.
Gründung der Stadt Bernau
Nahe dem heutigen Zentrum von Bernau stand in alter Zeit ein einsamer Waldkrug. Die in der Umgebung wohnenden slawischen Stämme hatten diesen Ort für den Austausch von Produkten und Nachrichten erwählt.
Der Wirt dieses Waldkruges braute aus dem Wasser des naheliegenden kleinen Flüßchens Panke ein wohlschmeckendes Bier.
Etwa um das Jahr 1140 verirrte sich der Markgraf Albrecht "der Bär", ein deutscher Ritter aus dem Harz, auf einer anstrengenden Bärenjagd mit
seinem Gefolge in den Urwäldern an der Panke. Endlich fanden Albrecht und seine Mannen am Abend den einsamen Waldkrug. Freundlich wurden die
deutschen Ritter empfangen und nach anfänglichen Sprachschwierigkeiten von dem slawischen Wirt mit Speisen und Trank versorgt. Dem Markgraf
aus dem Hause der Askanier, welche dieses Gebiet erobern wollten, schmeckte vor allem das ausgeschenkte Bier. Im Laufe des Abends wurde beschlossen,
an dieser Stätte eine Stadt, das spätere Bernau, zu gründen. Nach dem Willen des deutschen Eroberers mußten die Bewohner der kleinen Ansiedlungen
Lindow, Sclimetzdorf und Lupenitz in die neue Siedlung an der Panke ziehen. Ihre alten Siedlungen wurden öd. Geblieben sind die Namen der
Gemarkungen. Die Reste der Kirchen und der Friedhöfe dieser Dörfer waren noch lange sichtbar.
Wenn man also will, verdankt Bernau seine Existenz dem Biere. Über das Bier, welches die Bernauer in über 60 Gemeinden und Städte bis nach Hamburg und Stettin brachten, gäbe es viel zu berichten. Das Brauereigewerbe
wurde in der Stadt neben der Tuchmacherei das wichtigste Gewerbe. So ist es eine Tatsache, daß die Keller in den Häusern der reichen und
mächtigen Tuchmacher in allen Fällen zum Brauen eingerichtet waren. Solche Keller findet man heute noch in der Brauergasse und in der Bürgermeistergasse.
Es wurde nur an bestimmten Tagen gebraut. Der Stadtdiener mußte am Abend vorher in den Straßen bekanntgeben :
"Es wird hiermit bekanntgemacht, daß keiner mehr in die Panke macht! Morgen wird gebraut!"
Ein Dichter rühmt das Bier unter anderem so:
Die Stadt braucht keinen Medikus, das Bier labt alle Seelen.
In Sagen wird besonders die Haltbarkeit des Bieres aus Bernau hervorgehoben.
Ja, das Bernauer Bier war unter allen Bieren der Mark das beste.
-Aus den gesammelten Werken von Dr. Conrad Gründler (1980) und Rudolf Schmidt (1929)-
Die Prinzessin vom Schloßberg bei Biesenthal
Großmütter haben ihren lauschenden Enkeln früher die Geschichte so
erzählt:
Auf dem Schloßberge bei Biesenthal zeigte sich gewöhnlich um Mittag,
oft auch um Mitternacht, eine verwunschene Prinzessin. Weiß gekleidet
ging sie durch den Schloßgarten und hatte ein goldenes Spinnrad in der
Hand. Gar manchem ist sie dort erschienen. Sie zeigte sich aber nicht jedem,
sondern wählte sich die Leute aus, denen sie erschien.
Eines Tages begegnete ihr ein Gärtner.
Der junge Gärtnerbursche hatte seit mehreren Nächten immer dieselbe
Stimme gehört: "Komme in den Schloßpark um Mitternacht!" Nach langen
innerlichen Kämpfen ging der Bursche um Mitternacht in den Schloßpark.
Er erschrak, als er eine junge, hübsche, weißgekleidete Frauengestalt von
weitem auf sich zukommen sah und wollte weglaufen.
Jedoch war er irgendwie wie verzaubert, stand fest auf seinem Platz.
Die weiße Gestalt ging auf den Gärtner zu und er sah in ein trauriges Gesicht
mit schmerzerfüllten Augen. Wieder wollte er weg, aber wie durch einen
geheimen Zauber war er gebannt. Da sprach die junge Frau mit bewegender
Stimme:
"Nimm mich auf den Rücken und trage mich bitte zur Kirche. Es ist ja
nicht weit, Du wirst es bestimmt nicht bereuen."
Sie bat und bat gar sehnsüchtig. Der Gärtner faßte sich aus Mitleid und
Sympathie für die liebliche Erscheinung ein Herz und nahm die leichte
Gestalt auf den Rücken. Und siehe da, er konnte wieder laufen. Er stieg
den Weg vom Schloßpark zur Kirche hoch; spürte kaum die Last und
dachte so bei sich: "Das Fräulein ist leicht wie Luft."
Als er jedoch durch die Pforte des Kirchhofes den matt vom Mond beleuchteten
Weg zwischen den Gräbern betrat, fuhr ihm plötzlich ein Wagen mit vier kohlschwarzen Rossen entgegen, welche Feuer aus Mund und Nase spien.
Da packte unseren Gärtnerburschen ein jäher Schreck und er schrie laut auf. Plötzlich verschwand der Wagen. Die schöne Last sank.mit einem
Jammerrufe von seinem Rücken: "Wieder auf ewig verloren!"
Lange stand unser Gärtnerbursche auf dem Friedhof und sann nach, was
geschehen sein könnte. Da schlug die Glocke der Uhr auf dem nahen Kirchturm
einmal, die Geisterstunde war vorbei. Der Gärtner erwachte wie aus
einem Traum und eilte schnell heimwärts.
"Einige sagen", so schlossen die Großmütter ihre Erzählung, "die weiße
Frau auf dem Schloßberge sei gar keine verwunschene Prinzessin, sondern
ein Fräulein von Anheim, die mit ihrer Schwester die Letzte des Stammes
gewesen sei. Warum sie verzaubert wurde, wisse niemand, denn sie sei
ein überaus frommes Fräulein gewesen."
Wie der Riesenstein bei Prenden die heiligen drei Pfühle entstehen ließ
Es gab eine Zeit, in der Riesen auf unserer Erde lebten, so sagen alte Leute,
und so steht es in alten Büchern.
Sie sagen weiter, es gab zwei Arten Riesen, gute und böse. Es ist auch die
Rede von Steinen, welche die Riesen, gut oder böswillig, aus Lust oder Wut
geworfen,haben.
An der Chaussee von Lanke nach Prenden liegt ein ansehnlicher Felsblock.
Die Maße sind etwa 3,80 m lang, 2,60 m breit und 1,40 m hoch. Das Schätzungsgewicht
beträgt etwa 275 bis 300 Dezitonnen. Er besteht aus Gneis.
Diesen Riesenstein von Prenden hat mit Sicherheit ein Eiszeitgletscher an
diese Stelle geschleppt, wo er heute noch liegt. Beim Abtauen des Gletschers
ist er dann wie so manches andere in der Landschaft zum Vorschein gekommen.
Heute steht er unter Naturschutz.
Mündliche Überlieferungen zu seiner Herkunft haben folgenden Inhalt: "Es
gab eine Zeit, in der Riesen auf unserer Erde lebten. Gerieten diese in Wut,
waren oft große Steine ihre Wurfgeschosse."
Die Kirchenglocken von Prenden hatten weit und breit in der ganzen
Umgebung den schönsten Klang. Dieser Klang erregte einen dort lebenden
Riesen immer maßlos. An einem Sonntagvormittag erklangen die Glocken
besonders laut und weckten den Riesen aus seinem Schlaf. Nun schien es dem Riesen genug, er wollte die Glocken nicht mehr hören. In seiner Wut warf er fünf Steine in die Richtung des Kirchturmes. Mit Kraft und Schwung schleuderte er drei Steine so weit, daß sie in den Wandlitzsee fielen. Das Wasser spritzte hoch auf und dort, wo die Tropfen hinfielen, entstanden
die "Heiligen drei Pfühle".
Vielleicht hat sich der Riese auch in der Richtung geirrt, denn die nächsten
zwei Steine flogen nicht weit. Die Brocken fielen am Strehlsee nieder.
Die Glocken von Prenden blieben unversehrt und läuteten zum Ärger des
Riesen weiter.
Der dankbare Storch
In früherer Zeit, so erzählt man sich in Gabow, stand auf dem Scheunendach des Fischers Schulz ein Storchennest. Einst wollte das Storchenpaar
im Frühling wie gewöhnlich wieder sein Nest dort beziehen. Doch da zeigte sich ein anderer männlicher Storch, und es entbrannte ein heißer.
Kampf um das Weibchen. Der fremde Storch blieb Sieger, sein Gegner wurde fürchterlich zugerichtet, stürzte vom Scheunendach und brach sich
ein Bein: Das Weibchen wollte aber durchaus nichts von dem fremden Storch wissen, sondern blieb ihrem verunglückten Männchen treu, so daß
der fremde Storch endlich das weite suchte.
Die alte Schulzen nahm sich des Verwundeten an, verband ihm den Fuß und heilte ihn, worauf der Storch eine große Zuneigung zu ihr an den
Tag legte. Als er vollständig wiederhergestellt war, sagte eines Tages die Alte die vor der Tür in der Sonne saß und Wolle spann, zu ihrem Liebling,'
der ohne Furcht auf dem Hof umherlief, sein Futter aus der Hand seiner Retterin nahm und dann aufs Dach zu seinem Weibchen zurückflog:
"Kneppendräjer, ik hebbe di nu dien Been jeheelt, nu kannst du mi ut
jennet Land, wo du nu balle hentreckst, ook för mine Möe wat metbrengen."
(Knabenbringer, ich habe dir nun dein Bein geheilt, nun kannst du mir aus jenem Land, wo du nun bald hinziehst, auch für meine Mühe etwas mitbrmgen.)
Das Storchenpaar zog bald darauf fort, und als es im nächsten Frühjahr wieder erschien, saß die Alte zufällig wieder vor der Hintertür im Sonnenschein.
Siehe, da flog der Storch ganz dreist zu ihr vom Dach hernieder und ließ aus dem Schnabel eine goldene Münze in ihren Schoß fallen. Auf
der Münze stand eine seltsame Inschrift, die selbst der Prediger in Freienwalde nicht lesen konnte. Lange wurde das Goldstück in der Familie als
Andenken aufbewahrt, kam dann in das Schulzenamt und von hier an den Amtmann in Neuenhagen. Der Amtmann hatte nämlich die bei einem
Gelage erzählte Geschichte für ein Märchen gehalten und durch den Augenschein eines besseren belehrt werden müssen. - Wo aber seitdem
die Goldmünze verblieben ist, das weiß niemand, da der Amtmann aus Neuenhagen fortgezogen ist.
Die Glocken im Wandlitzsee
Drei Glocken, so erzählt man, ruhen auf dem Grunde des Wandlitzsees. Sonntagskinder konnten sie zuweilen läuten hören.
Manchmal gingen die Glocken an Land und standen eine Weile in der Sonne, um sich bescheinen
zu lassen.
Einst kam ein Mädchen an den See, um zu baden. Sie erblickte die Glocken am Ufer. Ihre Sachen legte sie auf die in der Mitte stehende Glocke. Beim Baden hörte das Mädchen, welches ein Sonntagskind war, daß die Glocken wieder ins Wasser zurück wollten. Sie sah, wie sich die drei Glocken auf das Wasser zubewegten, auch jene, die ihre Kleider trug.
Schnell schwamm sie ans Ufer und kam gerade noch zurecht, um ihre Kleider an sich zu nehmen. Da verschwanden die Glocken schon im See. Lange stand das Mädchen mit seinen Sachen in der Hand am Ufer, und plötzlich hörte sie die Glocken leise klingen.
Wenn man abends an einsamer Stelle am See sitzt, braucht man nicht unbedingt ein Sonntagskind zu sein, um die Glocken im See zu hören.
Der Riesenstein vom Bägfeld
Am Wandlitzsee lebte ein Riese, der sich eines Tages beim Spaziergang den
großen Zeh an einem Stein, welcher am Wege lag, verletzte. In seiner Wut
nahm er den Stein in seine Riesenpranke und warf ihn über den See an
das andere Ufer. Er rief dazu: "Hebb ich mi stooten an meine groote Teh,
will ick dir ook smeeten öwer den Wandlitsche See!" 'Die Fingerabdrücke
sollen heute noch zu sehen sein.
Der Stein liegt mittlerweile als Forschungsobjekt im Museum für Ur- und
Frühgeschichte in Potsdam und wird als Kultstein der Urbewohner um den
Wandlitzsee definiert, da er an der Begräbnisstelle dieser Leute im Bägfeld
auf Stolzenhagener Flur gefunden wurde.
Wie ein Bauer Adliger wurde
"Ich bin der Herr von der Grütte." Schreiend und knotenstockschwingend
rannte ein empörter, wie ein Förster aussehender Mann auf eine offensichtlich
vornehme Gesellschaft zu, immer dabei zornig und laut rufend:
"Ich bin der Herr von der Grütte!"
Die Bauern der Stadt Bernau hatten große Sorge mit ihren kleinen Feldern
in den Wäldern am Liepnitzsee. Die dortigen Kahlschläge wurden, bevor
man sie wieder aufforstete, einige Jahre von den Ackerbürgern der Stadt
zum Anbau von Getreide gepachtet. Unter anderem wurde auf dem mageren
Sandboden des Waldes Buchweizen, im Volksmund Grütte genannt, angebaut.
Doch allerhand Volk lief nun kreuz und quer durch die kleinen
Felder und verursachte großen Schaden. So kam es, daß die Bauern auf
einer Besprechung im Hinterzimmer beim Kronenwirt nach vielem Bier
und Korn beschlossen hatten: "Es wird an den Sonntagen abwechselnd
immer ein anderer Wache an den Feldern am Liepnitzsee halten." Es wurde
gelost, und das Los traf für den kommenden Sonntag den Bauern Albin
Hörnig.
Selbiger Bauer zog nun am Sonntagmorgen mit dem ersten Hahnenschrei
durchs Mühlentor in Richtung der Liepnitzwälder. Albin sah aus wie ein
richtiger Jäger. Hohe Schäfter aus Rindsleder, grüner Lodenanzug, grüner
Filzhut. Im Freßkorb Brot und Fleisch für seinen Leib, eine tuchumwickelte
Flasche für die Seele. Einen schweren Knotenstock schwang er in der rechten
Hand. Nach Erledigung seines Auftrages rastete unser Bauer am Ende eines
Feldes. Die Sonne stieg höher. Die Mücken und Fliegen wurden immer
lästiger, die Flasche wurde leer und leerer, und bald nickte Albin ein
bißchen ein. Da schreckten ihn von Ferne Wagenrollen und Stimmen
von Leuten auf. Durch die Halme des Feldes sah er mehrere Kaleschen.
Die aussteigenden Leute dort drüben, die latschten doch tatsächlich durch
die Grütte. So kam es zu dem Ausruf: "Ich bin der Herr von der Grütte",
den unser aufgebrachter Bauer den feinen Herren mit hocherhobenem
Knotenstock entgegenschleuderte. Da ging einer dieser Herren Im grünen
Anzug auf den Bauern zu. "Wir freuen uns sehr, einen bisher unbekannten
Adligen aus dem niederen Barnim kennenzulernen. Wie war der Name?
Wenn wir richtig vernahmen, Herr von der Grütte?" Unser Bauer darauf:
"Jawohl, mein Herr, Sie haben richtig vernommen!"
"Dann darf ich Sie recht herzlich zu unserer kleinen Jagdgesellschaft einladen!"
Albin Hörnig, unser frischgebackener Adliger, bekam eine Jagdflinte, und
dann ging die Jagd durch den Wald am See. Die Strecke war beachtlich.
Im Feuer brutzelten Leber und frische Fleischstücken. Grünangezogene
brachten auf Tabletts Becher mit Wein und anderen Getränken. Da ging
dem Albin Hörnig ein Licht auf. Er ahnte, in welche Gesellschaft er geraten
war und dachte: "Wie komme ich hier am besten wieder klar?"
Mit den Herren vom Vormittag klärte er nun den Irrtum. Er gestand, wer
er sei und welche Bewandnis es mit dem "Herren von der Grütte" auf sich
hatte. Die Augen seines Gesprächspartners wurden klein, schauten dann
erstaunt, aber plötzlich lachte der feine Herr aus vollem Halse. Es war ja
auch das Klügste, was er aus der Situation machen konnte.
Hörnig war in eine Jagdgesellschaft des Kronprinzen geraten, hatte dort
als Bauer die Rolle eines Blaublütigen gespielt und damit seinen Spitznamen
"Herr von der Grütte" in der Stadt weg.
Wie die Maränen in den Wandlitzsee kamen
Am Wandlitzsee soll früher ein berühmtes Kloster gestanden haben. Die
Mönche waren als Feinschmecker bekannt. Einen der Mönche überkam :
plötzlich ein unbändiger Appetit auf ein besonderes Fischgericht und brachte
ihn fast um den Verstand.
"Nur einer kann mir meinen Wunsch erfüllen", so dachte der Mönch,
"und das ist der Teufel!" Sofort nahm der auf ein Fischgericht ganz versessene
Geistliche mit dem Gehörnten Verbindung auf. Für Fische feilschte
der verdammenswürdige Gottesfürchtige um seine Seele. Nach Einsicht in
seinen Terminkalender schlug der Gehörnte die erste Nacht nach Neumond
vor. Schlag 12.00 Uhr sollte die Seele des Mönches gegen Maränen getauscht
werden.
Drei Wochen waren noch Zeit, und so bekam unser Mönch Gewissensbisse
und dachte nach, wie er seine Seele retten und den Teufel hintergehen
könnte. Er sann und sann, und plötzlich fiel ihm ein: Die Glocke der
großen Uhr vom Kloster war weithin hörbar. Er stellte sie zehn Minuten
vor, Der Teufel wusste das natürlich nicht. Bisher war ihm auch noch keine
Seele durch die Maschen geschlüpft.
Die festgelegte Nacht kam heran. Es ging auf Mitternacht zu. Der Höllenfürst
fuhr mit Getöse durch die Lüfte und kam gerade noch bis zum Nordrand
des Wandlitzsees. Da schlug die Klosteruhr Mitternacht. Voll Wut
warf der Teufel seinen Sack mit den Fischen in den See und schnaubte:
"Der erste, der mich hinters Licht geführt hat und seine Seele retten konnte!
Verflixt!" So kam der Mönch zwar nicht zu seinem Fischgericht, aber der
Wandlitzsee zu den Maränen.
Der Teufel vom Mühlentor
Ein alter Bernauer betont, die Geschichte sei wahr,
Es war in der Zeit, als in Bernau noch das Mühlentor stand. In einem der
kleinen Häuschen der Hohen-Stein-Straße wohnte der Torwächter mit seiner
Familie. Die Torwächter waren zwar Angestellte der Stadt, aber ihre Bezüge
(Lohn) waren gar schmal. Um die Familie nun über Wasser zu halten,
schaffte sich der Torwächter einen Ziegenbock an. Das war so ein prächtiger,
fleißiger Bock mit großen Hörnern, grünen Augen, Ziegenbart und schwarzem,
glänzenden Fell. Da es in der Stadt damals über 900 Ziegen gab, war
der Bock bei allen Ziegenbesitzern sehr gefragt. Einen Fehler soll der Bock
jedoch gehabt haben: Ab und an ist er ausgerissen und hat für Stunden
seine Freiheit zu Spaziergängen genutzt. Dabei begab es sich an einem
warmen Herbsttage, daß der Küster von Ladeburg nach Bernau zu Besorgungen
unterwegs war. Der Rucksack war voll, und die Tonkruken schlugen
leise beim Gehen zusammen. Der Küster hatte für seine Freunde und sich
selbst die Wochenration "Korn" in den Flaschen, etwa so acht bis zehn
Liter. Der lange Tag, die noch warme Sonne, die nötigen Kostproben,
da wollten die Beine nicht mehr so recht den Rollherg hinauf. So dachte
sich der Küster: "Du könntest eigentlich ein kleines Schläfchen im Straßengraben
machen." Gedacht, getan.
Im Hinüberdämmern des Tages zur Nacht wurde der Küster geweckt.
Etwas Warmes Weiches, Feuchtes fuhr ihm quer über das Gesicht. Er
schlug die Augen auf, und der Atem stand ihm still: .
Schwarze Hörner, grüne Augen, schwarzer Bart und der Odem wie direkt
aus der Hölle. "Der Leibhaftige", schrie der Küster, sprang auf, riß seinen
Rucksack um, hörte die Kruken zusammenschlagen und stürzte, alles
stehen- und liegenlassend, Hals über Kopf davon und kam erst atemlos
in Ladeburg wieder zum Stehen. Seine Freunde erschreckte er zunächst nur mit den Worten: "Der Teufel, der Teufel!"
Unterdes gab es im Hause des Torwächters Ärger. "Mann, der Bock ist
schon wieder weg", so klagte die Frau Torwächter. Und der Mann machte
sich auf den Weg, um seinen "Schwarzen" zu suchen. Er suchte wallauf,
wallab. Er suchte im Park, sah in der Lehmkute am Mühlenberg nach;
suchte an den Tümpeln hinter dem Georgenhospital. Allmählich begann
der Torwächter, seinen Bock zu verfluchen. Ärgerlich ging er von den
Wassertümpeln zur Ladeburger Straße. Plötzlich sah er: Im Seitengraben
lag etwas Helles und daneben etwas Schwarzes, Größeres. Beim Näherkommen
erkannte der Torwächter seinen Bock, mit dem Kopf zwischen
Tonscherben liegend. Erschrocken kniete er nieder und merkte, daß sein
Bock schlief wie nach schwerer Arbeit und stank wie eine ganze Schnapsbrennerei.
Da murmelte er - und es klang wie ein Dankgebet. "Nur hesoffen
ist der Schwarze! Na, dann will ich mal den Handwagen holen ... "
Der Bock soll in der diesem Seitensprung folgenden Saison besonders fleißig gewesen sein, und wenn sein Besitzer ihn wieder mal suchte, fand er ihn immer am Rollberg.
Verantwortlich : NaturFreunde Deutschlands - Regionalgruppe Oberbarnim-Oderland "Die Wanderfalken" e.V.
Spuk im Schlosse zu Golzow
Vor Zeiten spukte es im alten Rochowschen Schlosse zu Golzow. Einst vor langer Zeit war einer der Herren von einem Kammerdiener heimtückisch
umgebracht worden. Zwar hatte der Mörder versucht, die Tat zu vertuschen, doch nach kurzer Zeit, da wurde der Mörder entdeckt, und der Strick
des Henkers übernahm die ausgleichende Gerechtigkeit.
Der arme Sünder aber fand im Tode keine Ruhe. Jedes Jahr mußte er zur selben Stunde seiner abscheulichen Tat zum Schloß zurückkehren.
So erschreckte er einst die Schloßherrin, die spät abends im Zimmer saß. Da stand plötzlich am Fenster eine schwarze Gestalt, die sich
beim näheren Zusehen als ein Geist entpuppte, der nach Art dieses Volkes nicht Rede und Antwort stand, sondern lautlos verschwand. Das war der Frau des Hauses zuviel.
Der unruhige Gast der noch andere Bewohner erschreckt hatte, soltte verschwinden.
Als wieder eines Tages sein Kommen nahte, wurde in dem Spukzimmer kurz vor Mitternacht eine Bibel zugeschlagen auf den Tisch gelegt und zwei Kerzen angezündet.
Ein Bleistift wurde noch hinzugegeben. Das Zimmer wurde verschlossen und der Schlüssel sicher verwahrt. Als man nach einer Stunde
den Raum wieder betrat, fand sich die Bibel aufgeschlagen, ein Spruch war angestrichen, und der Bleistift lag darin. Von Stund' an war
Ruhe im Geisterschlosse zu Golzow.
Vielen Dank an Claudia Hirtzel
Die Golzower Geistergruft
In der Golzower Kirchengruft ist es nicht geheuer. Kein Rochow wird sie, falls er es wagen sollte, sie bei Lebzeiten zu betreten, lebendig verlassen.
Und so wurde die geistergruft von den Rittern und ihren Frauen gemieden. Wohl hatte man keine Angst, war auch durchaus nicht abergläubisch, aber
man konnte nicht wissen!
Einem Rochow dünkte diese Abneigung gegen die Familiengruft nicht ritterlich und männlich, und er stieg nach einer lustigen Zecherei hinab in das
Grabgewölbe, um nicht wiederzukommen. Als die Dienerschaft ihm nachging, fanden sie ihn entseelt zwischen den Särgen seiner Vorfahren liegend vor.
Ein Gemölde im Schlosse zeigte sein Bild. Es war der Junker Friedrich von Rochow aus dem Hause Grüneiche, der um 1600 jung und ohne
Krankheit verstorben war.
Vielen Dank an Claudia Hirtzel
Die weiße Frau von Golzow
Ein märkisches Schloß ohne Hausgeister, ohne eine weiße Frau, ist undenkbar. Auch in Golzow, ging eine weiße Frau um.
In einem Zimmer spukte sie besonders oft, und eines Tages wollte man das Spukzimmer näher in Augenschein nehmen. Anfangs ging die Tür nicht auf, und
der Dienerschaft war so, als würde jemand von innen sich gegen sie stemmen. Endlich sprang die Tür auf, doch war niemand im Zimmer.
Als man die Wände abklopfte, fand man nach langem Suchen einen vermauerten Wandschrank, dessen Vorhandensein nur am hohlen Klang des Mauerwerks sich
feststellen ließ. In diesem Schrank, der wohl Hunderte von jahren alt sein mochte, fand sich ein verwittertes Bild, das eine knieende Frauengestalt zeigte,
die flehend die Arme zu einem Ritter erhebt, der mit einem Schwert zum Schlage ausholt.
Vielen Dank an Claudia Hirtzel